Als ich in letzter Zeit auf Twitter schrieb, ich hätte mir ein NAS gekauft, fragten einige Leute nach, welches genau das denn sei und was ich so damit anstellen würde.
Ich möchte das nachfolgend im Detail beschreiben, was das NAS macht, wie es meine Daten sichert und mir im digitalen Alltag zur Seite steht. Es ist ein langer Post.
Fangen wir mit Grundsätzlichem an: Warum ein NAS? Tut es nicht eine externe Festplatte auch? Kurze Antwort: Ja, die würde es auch tun. Lange Antwort: Jein, die würde es auch tun. Grundsätzlich könnte man natürlich alle Sachen auch mit einem normalen Rechner machen. Doch ein NAS ist kleiner, braucht weniger Strom und man muss nicht alles selbst installieren.
Der Reiz eines NAS ist, dass man damit ein ganzes Paket an Möglichkeiten bekommt und nicht nur Speicherplatz, der übers Netzwerk ansprechbar ist. Außerdem ist ein NAS idealerweise autark, klein, leise und läuft 24/7. Ich hatte in den letzten Jahren zwei externe Festplatten (eine für Backups, eine für Nutzdaten). Da diese langsam voll gelaufen sind und ich ohnehin den zugehörigen iMac verkaufen werde, war es Zeit, sich nach einer neuen Lösung umzusehen.
Allgemeines
Entschieden habe ich mich für ein Synology DS 212+ in Kombination mit 2 Western Digital WD30EZRX 3TB-Platten. (Nachtrag; Oktober 2014: Seit einiger Zeit ist das Nachfolgemodell DS 214+ verfügbar) Somit habe ich rund 6 TB Platz auf den beiden Platten. Die Ausschlag gebenden Gründe waren die fast durchweg positiven Erfahrungsberichte anderer Nutzer und ein gutes Abschneiden in einem Vergleichstest der c’t letztes Jahr. Das 212+ (ca. 300€) ist das 2-Bay-Topmodell von Synology, wer weniger ausgeben möchte, kann sich die »Schwestermodelle« DS212j (ca. 190€) oder DS212 (ca. 250€) ansehen. Funktionsmäßig gibt es prinzipiell keine Unterschiede, diese liegen in CPU- und RAM-Ausstattung, außerdem hat das DS212j nur USB2 statt USB3 für externe Laufwerke. Alle drei Modelle haben Platz für zwei Festplatten.
Das DS212+ ist im Betrieb in meiner Konfiguration so gut wie unhörbar (ich bin da wirklich sehr empfindlich), was wohl zum Großteil an den Platten liegt. Diese sind auf niedrigen Geräuschpegel statt superschnelle Performance optimiert und sind auch gummigepuffert aufgehangen, sodass sich Vibrationen nicht auf das NAS übertragen. Ich würde die Geräuschkulisse als absolut wohnzimmertauglich einstufen. Auch der Lüfter ist sogut wie nicht hörbar und lässt sich überdies über das Betriebssystem auch regeln.
Der Stromverbrauch liegt bei mir bei rund 22 Watt (gemessen mit Belkin Conserve Insight) im Betrieb mit beiden Platten und somit ein klein wenig höher als die herstellerseitig angegebenen 18.7 Watt, was an unterschiedlichen Festplatten-Modellen liegen könnte. Somit kommt man bei Dauerbetrieb auf einen Stromverbrauch von rund 195 kWh / Jahr, was je nach Stromtarif und -anbieter rund 50 Euro kosten dürfte. Betreibt man das NAS beispielsweise nur tagsüber, reduziert sich der Verbrauch natürlich entsprechend. Ebenfalls dürfte sich der Verbrauch reduzieren, wenn eine oder beide Festplatten in den Ruhezustand gehen, denn selten sind die Platten ja dauerhaft gefragt. Die 50 Euro sind somit meiner Meinung nach das Maximum.
Das NAS und seine Funktionen
Synology hat mit dem DSM (Disk Station Manager) einen tollen Job gemacht, was die Oberfläche des NAS angeht. Alles ist bequem per Browser zu bedienen und wer mit normalen Betriebssystemen umgehen kann, kommt auch mit dem DSM klar. Praktischerweise ist der Einstieg bewusst simpel gehalten, es gibt aber auch genug Möglichkeiten für Profis (SSH-Zugang), die Linux-Box auszunutzen und eigene Pakete nachzuinstallieren. Hilfen dazu, zu anderen Paketen sowie sonst auch zu ziemlich allem gibt es im fantastischen Synology-Wiki. Die offizielle Paketliste ist mit Medienserver, Photo Station (Bringt eigene Fotos als Galerie online), CloudStation (Dropbox-Ersatz), TimeBackup (TimeMachine-ähnliche Backuplösung) und mehr schon gut gefüllt, auch Pyhton, PHP und darauf basierende Anwendungen lassen sich installieren.
![Der DSM, das grafische Betriebssystem des NAS Der DSM, das grafische Betriebssystem des NAS]()
Der DSM, das grafische Betriebssystem des NAS
Natürlich sind auch ganz normale Funktionen wie DHCP-, LDAP-, DNS-, FTP-, AFP- oder SMB-Server an Board. Das NAS gibt sich sehr gesprächsfreudig — sofern man das möchte — und schickt zu allen möglichen Ereignissen E-Mails oder Push-Nachrichten (per DS-Finder-App) aufs Smartphone.
Entsprechend des eigenen Schlaf- und Arbeitsrhythmus kann man das NAS auch zeitgesteuert ein- und ausschalten; außerdem versteht sich das DS212+ auf WakeOnLAN.
![Die Paketverwaltung Die Paketverwaltung]()
Die Paketverwaltung
Im LAN lassen sich die Daten per SMB oder AFP freigeben. iSCSI funktioniert auch, das habe ich aber nicht getestet, weil ich es (bisher) nicht benötige.
Meine Daten auf dem NAS
Man sollte sich vor Inbetriebnahme des NAS über eine Strategie zur Datenablage und Festplattenaufteilung überlegen. Grundsätzlich bietet sich hier nichts neues; man kann das NAS mit gängigen RAID-Levels 0, 1, als JBOD sowie als Synology Hybrid RAID (SHR) einrichten. Nähere Infos dazu gibts beim Hersteller. Ich habe mich allerdings dagegen entschieden und beide Platten einzeln eingerichtet, weil mir das am flexibelsten erschien.
Auf Platte 1 landen die Nutzdaten (Musik, Dokumente, Binarys, Filme) der verschiedenen Benutzer und Anwendungen, Platte 2 dient als Backup-Platte, dazu gleich mehr. Da ich jedoch nicht alle Daten von Platte 1 1:1 spiegeln wollte, entschied ich mich hier gegen RAID
Medienserver
Das NAS kann auch als iTunes- und DLNA-Server dienen und somit Musik, Fotos und Filme auf kompatible Geräte streamen. Den iTunes-Server habe ich nicht aktiviert, weil ich iTunes Match nutze und somit ohnehin alle Musikstücke auf allen Geräten zur Verfügung habe. Der DLNA-Server funktioniert, ein RaspberryPi kann beispielsweise FullHD-Filme übers Netzwerk abspielen. Ebenso sollte es auch mit TV-Boxen oder Fernsehern klappen, das konnte ich aber noch nicht testen (Nachtrag, Mai 2013: Mein LG-TV kann via Ethernet/DLNA so ziemlich alle Filme / Formate direkt vom NAS abspielen) .
Kleinigkeiten
Neben den wichtigen Funktionen gibt es auch einige Kleinigkeiten, die das Leben mit dem NAS angenehm machen. So verfügt es neben den beiden rückseitigen USB3-Anschlüssen auch noch über einen USB2-Anschluss und einen SD-Kartenleser an der Vorderseite. Diese Anschlüsse kann man so konfigurieren, dass alle auf einem angeschlossenen Datenträger befindlichen Daten per Knopfdruck in ein Verzeichnis auf dem NAS gesichert werden. Das finde ich enorm praktisch für Fotos oder Videos, die man mit einer Kamera geschossen hat. Karte rein, Knopf drücken, warten, fertig.
Die über die rückseitigen USB-Anschlüsse angeschlossenen Geräte (Festplatten, Drucker, IP-Kameras) kann man dann im Netz nutzen. Im Falle von Festplatten werden diese einfach wie ein zusätzliches Laufwerk ins System eingebunden.
Ebenfalls toll ist die DownloadStation. Dieses Tool lädt automatisch Daten per BitTorrent, eMule, NZB, von FTP- und HTTP-Servern, Video-Sites und von mehreren One-Click-Hostern. Ebenfalls lassen sich RSS-Feeds downloaden. Mit ein paar Minuten Arbeit habe ich mir ein RSS-Skript gebaut, dass ich als Download-Assistent nutze. Wenn ich (unterwegs) auf etwas treffe, was ich herunterladen möchte, dies aber gerade nicht möglich ist, trage ich die URL zur Datei einfach ins Skript ein und das NAS lädt die entsprechende Datei dann herunter. Gleiches funktioniert auch beispielsweise von YouTube: Übergebe ich eine YT-URL, wird automatisch die entsprechende Videodatei heruntergeladen.
Backup-Strategie
Die auf Platte 1 befindlichen Daten sichere ich mit TimeBackup auf Platte 2, dass (wohl nicht ganz zufälligerweise) extrem an Apples Time Machine erinnert und auch exakt so funktioniert. Man kann Ordner zur Sicherung und die Frequenz der Sicherung angeben. In einem TimeMachine-ähnlichen Interface lassen sich dann die Versionen der Dateien durchforsten und wieder herstellen. Welche seiner Daten man nun auf diese Art und Weise sichert, muss jeder selbst wissen, zumal der dafür verfügbare Plattenplatz ja mindestens doppelt vorhanden sein muss. Ich habe beispielsweise meine Filme und Serien ausgeschlossen.
![Die TimeBackup-Software. Ein Schelm, wer hier an TimeMachine denkt! Die TimeBackup-Software. Ein Schelm, wer hier an TimeMachine denkt!]()
Die TimeBackup-Software. Ein Schelm, wer hier an TimeMachine denkt!
Ebenfalls kann man eine klassische rsync-basierte Netzwerksicherung einrichten, die die entsprechenden Daten dann auf einen anderen Rechner in (irgend einem) Netzwerk — beispielsweise eine andere DiskStation — sichert.
Ebenfalls auf Platte 2 habe ich die TimeMachine-Funktion aktiviert; dort sind 1TB für alle im Netzwerk befindlichen Macs reserviert, die dann automatisch per TimeMachine dort die Backups erstellen. Die Einrichtung ist recht schnell erledigt, nur das initiale Backup dauert natürlich übers Netzwerk etwas länger. Deshalb empfiehlt es sich, dies per (Gigabit-)Ethernet durchzuführen. Spätere, inkrementelle Backups funktionieren problemlos per WLAN.
TimeMachine kommt für die Nutzdaten der Macs zum Tragen, die sich nicht unmittelbar auf dem NAS speichern lassen (beispielsweise meine Aperture-Library, E-Mails oder Konfigurationseinstellungen von Programmen) oder offline verfügbar sein müssen.
Wenn nun allerdings meine Wohnung abbrennt oder ein Einbrecher meinen Rechner samt NAS klaut, bringt mir dieses Backup auch nicht viel. Deshalb habe ich mich entschieden, die Daten zusätzlich noch per CrashPlan zu sichern. Crashplan ist — ähnlich wie Mozy oder Backblaze— ein Backupdienst, der Daten (verschlüsselt) kostenpflichtig in der Cloud der Anbieter sichert. Bei Crashplan kann man zusätzlich die Daten kostenlos(!) zu einem Freund, welcher auch Crashplan auf seinem Rechner benutzt, oder auf ein externes Laufwerk sichern. Man muss sich also nicht auf die fremde Cloud verlassen, wenn man nicht möchte.
Das tolle und (soweit ich weiß unter den Online-Backupdiensten einzigartige) daran: Crashplan läuft direkt auf dem NAS und nicht auf einem verbundenen Rechner. Bei größeren Datenbeständen entfällt somit die lästige Pflicht, den Rechner ewig laufen zu lassen, um das Backup fertig zu bekommen.
![Der Crashplan-Client (Ausschnitt) Der Crashplan-Client (Ausschnitt)]()
Der Crashplan-Client (Ausschnitt)
Die Installation von CrashPlan hat Patters mit einem eigenen Package möglich gemacht. Wie das zu installieren ist, steht im Detail in seinem Blog. Die Konfiguration des Backups (welche Dateien, wohin, wie oft, wann…) läuft bequem über einen anderen Rechner im Netzwerk ab, auf dem man dann ebenfalls die CrashPlan-Software als GUI installiert, den Pfad zur Engine aber in einer Konfigurations-Datei auf das NAS umbiegt. Die Daten wandern mit einem eigenen Key verschlüsselt zu CrashPlan, sodass es angeblich für niemanden möglich ist, diese zu lesen. Ob die Implementierung wirklich lückenlos ist, kann ich nicht sagen, an dieser Stelle muss man dem Anbieter vertrauen (oder eben nicht).
Ich sichere also alles an Nutzdaten von Platte 1 nochmals zu CrashPlan. Die TimeMachine-Backups sichere ich nicht nochmals zu Crashplan, weil das nicht praktikabel ist.
Hinweis: Die Kombination aus Java und dem CrashPlan-Client lastet meinen RAM zu zirka 50% aus. Das sollte man bedenken, wenn man zu einem kleineren NAS-Modell (mit nur 256MB statt 512MB RAM) greift und / oder beispielsweise zur gleichen Zeit Videos streamen will. Inwiefern die RAM-Auslastung von der Menge der zu sichernden Daten abhängt, kann ich nicht sagen. Ich hatte jedenfalls bisher mit ~300GB Daten keine Probleme, sie sind reibungslos zu CrashPlan übertragen worden.
Die eigene Cloud: Alle Daten überall
Ein weiterer Grund für den NAS-Kauf war die Tatsache, dass man mit einer am Netz (und somit auch am Internet) hängenden Platte seine Daten immer und überall zur Verfügung hat. Somit ist man nicht auf Cloud-Dienstleister angewiesen und muss die eigenen Daten nicht aus der Hand geben. Zum Zweck der Datennutzung gibt es mehrere Möglichkeiten, die je nach Bedürfnis variieren.
Möchte man nur an seine reinen Dateien heran kommen, reicht ein Zugang per WebDAV, den man auch SSL-verschlüsseln kann. Alle gängigen Betriebssysteme verstehen sich auf WebDAV-Freigaben. Damit man den Zugriff auf die eigenen Daten übers Internet auch bewerkstelligen kann, braucht man einen DynDNS-Service, der die (in der Regel täglich) wechselnde IP des Heim-Anschlusses in einen fixen Hostnamen umsetzt. Außerdem muss man in seinem Router eine Port-Weiterleitung einrichten, damit ein- und ausgehende Datenströme auf den WebDAV-Port durchgelassen werden. Beides kann man mit dem ezCloud-Hilfsprogramm recht einfach einrichten, mit etwas Glück legt es sogar die Portweiterleitungen im Router an. Natürlich kann man das ganze auch händisch machen.
Zum Zugriff übers iPhone gibt es verschiedene Apps, unter anderem auch von Synology selbst. Die funktioniert prinzipiell (auch übers Internet) gut, streikt aber komischerweise beim Download von großen Bildern. Verwendet man, wie oben beschrieben, CrashPlan+ zum Daten-Backup, kann man sich auch die CrashPlan-App installieren und so auf die dort gespeicherten Daten zugreifen. Hierzu muss man, wenn man einen eigenen Key verwendet hat, diesen eingeben. Der Zugriff auf die Daten per CrashPlan funktioniert auch, wenn das NAS ausgeschaltet ist.
Etwas komfortabler funktioniert der CloudStation-Dienst, den man wohl am ehesten als Dropbox-Klon bezeichnen könnte. Er versucht sowohl im Internet wie auch im LAN die Daten des CloudStation-Ordners mit den entsprechenden Daten auf dem NAS abzugleichen. Im User-Verzeichnis jedes Nutzers auf dem NAS existiert dieser Ordner, sodass mehrere Personen den Service nutzen können. Leider erwies sich die CloudStation als ziemlich buggy, hängte sich oft wortkarg auf oder synchronisierte schlicht nicht korrekt. (Nachtrag, Mai 2013: Mit der mittlerweile verfügbaren Version 2.0-2402 läuft die CloudStation sehr stabil und synchronisiert auch große Datenmengen problemlos.) Ich hatte noch nicht die Zeit, das im Detail zu prüfen, werde das aber bald nochmals machen. Prinzipiell sollte es aber genau wie Dropbox funktionieren.
Weiterhin kann man auch seine Kalender per CalDAV mit dem NAS abgleichen, weiter reichende Möglichkeiten soll es wohl mit OwnCloud geben, das habe ich aber noch nicht probiert. Prinzipiell sollte das aber auch direkt auf dem NAS laufen.
Fazit
Ich bin nach dreimonatiger Nutzung mit dem NAS höchst zufrieden und habe die Entscheidung nicht bereut. Wenn man über mehrere Geräte verfügt, oft dazwischen wechselt oder oft unterwegs ist, ist es schlicht nicht möglich, alle seine Daten immer bei sich zu haben. Dies ist aber mit dem NAS der Fall. Außerdem hat man alle seine Daten unter eigener Kontrolle und muss diese nicht zu Cloud-Anbietern auslagern.
Ich freue mich über eure Meinungen und Kommentare.
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