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Offener Brief an den Heise-Verlag bezüglich des ›Leistungsschutzrechtes‹

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An: post {ät} heise.de
Von : Martin Weber
Gesendet: 07. März 2012; 14:10 Uhr

Sehr geehrte Verlagsleitung des Heise-Verlages,
mit einigem Unmut habe ich in den letzten Tagen die Berichterstattung rund um das so genannte Leistungsschutzrecht verfolgt.

Mir ist nicht entgangen, dass der Heise Zeitschriften Verlag auch die »Hamburger Erklärung« unterzeichnet hat.

Nun ist es so, dass es weder von der Redaktion noch vom Verlag ein klares Statement zur Sache gibt, weil die Positionen möglicherweise unterschiedlich sind.

Mich interessieren folgende Punkte:

– Wie ist die zukünftige Linie des Heise-Verlages in dieser Sache?

– Warum hat sich der Verlag für das Leistungsschutzrecht ausgesprochen, wo dies meiner Meinung nach nicht zu der sonst eher kritischen Haltung der Redaktion passt?

– Wie wird mit dem (möglicherweise) bestehenden Spannungsfeld zwischen Redakteuren und Verlag umgegangen? Gibt es ein Spannungsfeld?

– Warum gibt es keine offizielle Aussage, wie die Redaktion oder der Verlag konkret dazu steht? Im oben verlinkten Artikel heißt es lediglich, Heise sei bei den Unterzeichnern; im Artikel von vorgestern ist nichts davon zu lesen und auch sonst überwiegen dort die kritischen Stimmen. Auch im entsprechenden c’t-Artikel von Joerg Heidrich ist keine eindeutige Stellung des Verlags oder der Redaktion zu entnehmen.

– Sind Sie sich dessen bewusst, dass dieser Kurs ohne Korrekturen wahrscheinlich zu massiven Abokündigungen führen wird? Gerade liegt die Rechnung für das nächste Jahr c’t vor mir (das ist jetzt weder Polemik, noch Witz, noch Drohung, sondern schlicht Zufall), aber wenn es wirklich so sein sollte, dass der Heise-Verlag in der Sache ›Leistungsschutz‹ die Linie so bei behält, kann ich mein c’t-Abo nicht guten Gewissens weiter führen.

Beste Grüße,

Martin Weber

Hinweis: Ursprung der Sache war ein Posting von mir bei bei Google+. Dort, und nicht direkt hier im Blog, weil viele der Heise-Redakteure dort ein Konto haben und regelmäßig schreiben.


Update, 09. März: Alfons Schräder, der Geschäftsführer des Heise-Verlages, hat auf die E-Mail geantwortet. Er hat mir die Erlaubnis zur Veröffentlichung erteilt:

Sehr geehrter Herr Weber,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse.

Unter dem Thema Leistungsschutzrecht werden derzeit sehr viele unterschiedliche mehr oder weniger taugliche Maßnahmen und Gedankensplitter diskutiert. Dazu zählen auch erste Gedanken zu einem möglichen Gesetzesvorhaben. Im Moment sehen wir keinen Anlass, ein solches noch nicht konkretisiertes Gesetzesvorhaben oder die damit verbundenen kursierenden Gedanken zu diskutieren.

In der Hamburger Erklärung haben einige Verleger – unter anderem auch der Heise Zeitschriften Verlag – zum Ausdruck gebracht, daß sie den unabhängigen Journalismus sowie die Erstellung von Qualitätsinhalten im Web als gefährdet ansehen, wenn es keinen ausreichenden Schutz des Urheberrechtes gibt, und wenn insbesondere Anbieter die aufwendig produzierten Inhalte von Autoren und Verlagen verwenden, ohne dafür zu
bezahlen. Dem haben wir im Moment nichts hinzuzufügen. Der Heise Zeitschriften Verlag betreibt wie nur sehr wenige Verlage einen sehr hohen redaktionellen Aufwand, um dem Leser unabhängigen und hochwertigen
Content zu bieten – nahezu die Hälfte unserer Mitarbeiter sind Redakteurinnen und Redakteure. Wir halten es im Sinne eines qualitativ hochwertigen Journalismus für sehr wichtig, dass ein solches System auch
im Web einigermaßen wirtschaftlich betrieben werden kann.

Zu Ihrer Frage nach dem Spannungsfeld zwischen Redakteuren und Verlag:
Wir gehören nicht zu den Verlagen, die ihren Redakteurinnen und Redakteuren eine Denkrichtung vorgeben sondern erwarten von ihnen eigene Standpunkte und eine kritische Meinung. Dabei ist es durchaus gewünscht und üblich, daß diese auch innerhalb des Hauses und selbst zwischen den Redaktionen unterschiedlich sein können. Wir halten ein solches Spannungsfeld für unverzichtbar und betrachten es als wichtigen Teil unserer Unternehmenskultur.

Beste Grüße
A. Schräder

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